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Heinrich Busch, Leiter der Abteilung Netz-Engineering und Chef der Stadtwerke-Baustellen.

Baumaßnahmen: Kommunikation ist alles

Wer in Essen Straßen aufreißt, den Verkehr behindert und Einfahrten blockiert, macht sich nicht nur Freunde. Entscheidend ist da die offene Kommunikation. Heinrich Busch, Leiter der Abteilung Netz-Engineering und damit Chef der Stadtwerke-Baustellen, erklärt, warum am städtischen Ver- und Entsorgungsnetz gearbeitet wird und wie Anwohner über Baumaßnahmen informiert werden.

Herr Busch, wie viel Aufwand betreiben die Stadtwerke Essen, um das Leitungs- und Kanalnetz in Schuss zu halten?

Allein die Gas- und Trinkwasserleitungen der Stadtwerke Essen sind 3.221 Kilometer lang – eine Strecke, die von hier bis zur Stiefelspitze Italiens und zurück reicht. Hinzu kommen die Abwasserkanäle mit einer Länge von 1.642 Kilometern. Der Aufwand für die Instandsetzung und Modernisierung ist entsprechend hoch. Im Jahr 2013 haben wir 44 Millionen Euro für 120 große und kleine Baumaßnahmen in die Hand genommen. Im laufenden Jahr sind 200 Projekte in Planung.


Heinrich Busch, Chef der Stadtwerke-Baustellen, garantiert …

Was sind das für Baumaßnahmen?

Die eine Hälfte sind Investitionen in die Infrastruktur der Gas- und Wasserversorgung. Die andere Hälfte betrifft die Entwässerung, also Kanäle und Rückhaltebecken. Wir haben jetzt ein großes Projekt im St. Annental in Rellinghausen. Dort bauen wir Entwässerungssysteme mit 3,60 Metern Durchmesser, also richtig große Systeme. Diese stellen auch sehr hohe Anforderungen an die Planung und Bauausführung.

Bei solch einem großen Netz gibt es immer etwas zu tun. Im Prinzip geht es darum, das Netz auf einem modernen und gesetzeskonformen Stand zu halten, um die Versorgung der Stadt mit Trinkwasser und Erdgas sowie die Entwässerung von Regen und Abwasser auf hohem Niveau sicherzustellen. Rund 100 Mitarbeiter sind ständig damit beschäftigt, die Baumaßnahmen zu planen, zu organisieren, zu steuern und zu dokumentieren.


… dass die Stadtwerke Essen umfassend über ihre Baumaßnahmen informieren …

Wie legen Sie fest, welche Teile des Netzes wann erneuert werden?

Nicht alles lässt sich planen. Wir müssen uns ja auch um unvorhergesehene Störungen kümmern. Im vergangenen Jahr hatten wir circa 670 sogenannte Schadensfälle. Diese betrafen zum einen undichte Leitungssysteme und zum anderen Kanäle, welche schon einen so großen Schaden hatten, dass wir sofort einschreiten mussten. Aber wir warten natürlich nicht so lange, bis die Leitungen und Kanäle komplett versagen, sondern wir erneuern sie zu einem optimalen Zeitpunkt. Das heißt, wenn die Leitung morgen nicht mehr funktionstüchtig sein sollte, würde sie heute außer Betrieb gesetzt.
Um das beurteilen zu können, verschaffen wir uns regelmäßig über Wartungs- und Inspektionsmaßnahmen ein komplettes Bild. Das können Kamerainspektionen bei Entwässerungssystemen sein. Auch Gas- und Wasserleitungen werden turnusmäßig unter anderem auf Korrosionsschäden, defekte Armaturen oder Undichtigkeiten geprüft. Alle gewonnenen Daten hinterlegen wir in unserem Geoinformationssystem (GIS). Damit können wir zu jeder Zeit sagen, wo welche Leitungen und Kanäle liegen und in welchem Zustand sie sind. Die Informationen sind für unsere Arbeit und für Unternehmen wichtig, die sich mit Baumaßnahmen jedweder Art beschäftigen.

Sie sind aber auch die Grundlage für unser Erneuerungsprogramm, das neben der Ausfallwahrscheinlichkeit und dem Alter der Anlage auch die Dimensionierung des Systems berücksichtigt. Denn Essen hat nicht mehr 750.000 Einwohner wie Mitte der 1970er-Jahre. Auch geht hier wie in allen Städten aufgrund von wassersparenden Geräten und einem bewussteren Umgang mit Wasser generell der Trinkwasserverbrauch zurück. An manchen Orten muss deshalb der Querschnitt der Leitungen und Kanäle verringert werden, um nach wie vor einen Durchfluss zu erzielen, der die hohe Qualität des Trinkwassers gewährleistet und den hohen gesetzlichen Anforderungen der Entwässerung genügt.


… und alle Fragen der Anwohner beantwortet werden.

Wie werden Anwohner über bevorstehende Baumaßnahmen informiert?

Wir wissen: Baumaßnahmen sind für Anwohner mit Unannehmlichkeiten und Schmutz verbunden. Sie müssen Umwege in Kauf nehmen, stehen mit dem Fahrzeug im Stau und kommen nicht mit dem Auto voller Einkäufe in die Garageneinfahrt. Aber die Bürger wissen auch, wie wichtig unsere Arbeit für ihre Lebensqualität ist. Sie wollen schließlich Wärme im Winter, allzeit sauberes Trinkwasser, trockene Keller und eine funktionierende Entwässerung. Für die Kommunikation heißt das, offen und so frühzeitig wie möglich über bevorstehende Baumaßnahmen zu informieren, damit die Anwohner sich darauf einstellen und entsprechend planen können.
Wie wir informieren, hängt von der Größe des Projekts ab. Wenn es sich um kleinere Vorhaben, beispielsweise den Austausch einer Rohrleitung oder eines Kanaldeckels handelt, bereiten wir für die Anwohner entsprechende Informationsschreiben vor, die wir in die Briefkästen werfen oder an der Haustür anbringen. Darauf steht dann genau, wo und was gemacht wird, ab wann und bis wann. Genannt wird auch ein konkreter Projektleiter, Planer oder Bauleiter mit seiner Telefonnummer, der als Ansprechpartner für eventuelle Rückfragen zur Verfügung steht. Wenn wir konkret an Hausanschlüsse gehen müssen, werden die Bewohner auch direkt angeschrieben. Schließlich sind wir auch darauf angewiesen, dass wir die Häuser betreten können.
Bei großen Projekten laden wir auch zur Bürgerversammlung ein wie zum Beispiel beim 1,6 Kilometer langen Stauraumkanal im St. Annental, den wir bald in die Bauausführung bringen. Die Vorbereitungen dafür laufen schon seit vier Jahren. Mit einer Bürgerversammlung haben wir im vergangenen Jahr die Anwohner frühzeitig eingebunden und über die anstehende Baumaßnahme informiert.

Vier Jahre dauerte es in Rellinghausen bis zum ersten Spatenstich. Welche Zeitabläufe sind für Baumaßnahmen vorgesehen?

Bei Störungen im System müssen wir kurzfristig tätig werden. Das kann am gleichen Tag oder in der gleichen Woche sein. In der Regel ist es aber so, dass wir einen Vorlauf von vielleicht einem Jahr brauchen, bis wir wirklich von der ersten Planung bis zur Realisierung alles fertig haben. Üblicherweise müssen viele Gremien konsultiert und Studien erstellt werden. Wir müssen die Stadt einbinden, die uns diese Baumaßnahmen genehmigt; wir haben umweltrelevante Themen zu berücksichtigen und wir schauen uns die Auflagen an, wenn wir kontaminierte Böden haben oder uns der Baugrund Besonderheiten aufgibt. Dann gibt es Abstimmungsgespräche, die weitgehend verhindern, dass erst die Stadtwerke die Straßen aufreißen und wieder versiegeln und kurz darauf beispielsweise ein Telekommunikationsanbieter noch einmal die Straßen aufmachen muss. Das kann dann schon mal zu entsprechend langen Genehmigungsläufen führen. Großprojekte wie in Rellinghausen brauchen zuweilen einen vier bis acht Jahre langen Planungsvorlauf.